Nina Warken im Gespräch mit Vertretern der Liga der freien Wohlfahrtspflege
Die Sozialwirtschaft steht mit Personalmangel, Wohnungsnot und Finanzierungsproblemen vor großen Aufgaben
Am vergangenen Donnerstag empfingen Vertreter der Liga der freien Wohlfahrtspflege im Main-Tauber-Kreis die Bundestagsabgeordnete Nina Warken zum Gespräch. In der DRK- Kreisgeschäftsstelle Tauberbischofsheim wurden die aktuellen Herausforderungen der Branche diskutiert.
Besonders drängendes Thema war dabei für die Liga-Vertreter die Personalgewinnung. Aktuell ist die Stellenbesetzung in den Bereichen Altenpflege, Gesundheitswesen, Kita, Eingliederungshilfe und Jugendhilfe schwierig. Besonders in der Altenpflege sei es aufgrund des Fachkräftemangels bereits fünf nach zwölf. Gründe dafür sind entgegen vielen Behauptungen nicht nur die Gehälter, sondern insbesondere die Arbeitsbedingungen. Dünn besetzte Dienstpläne und ausschweifende Dokumentationspflichten belasten das Personal und führen teilweise zu Abwanderungsbewegungen.
Um diesem Fachkräftemangel zu begegnen, müssen zum einen die Arbeitsbedingungen attraktiver, zum anderen eine Ausbildungsoffensive gestartet werden, um neues Personal zu gewinnen. Große Chancen sehen die Beteiligten dabei auch in einem Dienstjahr für junge Menschen. Für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr spricht sich auch Nina Warken aus: „Ein Gesellschaftsjahr für alle Schulabgänger kann nicht nur unsere sozialen Einrichtungen unterstützten, sondern ist auch eine große Chance, den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken. Dieser Dienst für das Gemeinwohl bringt Menschen aus unterschiedlichen Milieus, Religionen und Generationen zusammen.“
Ein weiterer wichtiger Baustein wäre, Fachkräfte aus Deutschland zu fördern, weiterentwickeln und in Arbeit zu bringen. In der Bundesrepublik beziehen aktuell insgesamt etwa 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld (Stand Dezember 2023), davon sind 3,9 Millionen erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Eine Chance liegt ebenso darin, Asylbewerber vermehrt zur Arbeitsaufnahme zu bewegen. Auch die Anwerbung ausländischer Fachkräfte sei vielversprechend, schildern die Liga-Vertreter. Erschwert werde dies allerdings durch zu viel Bürokratie, weshalb es dringend eine Verkürzung von Visaverfahren brauche. Aber auch bessere Integration der Migranten durch Sprachkurse und die leichtere Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen würden dazu beitragen, das bestehende Potenzial besser auszuschöpfen.
Auch das Thema Wohnen lag den Vertretern der Liga der freien Wohlfahrtspflege im Main-Tauber-Kreis am Herzen. Denn Wohnen wird zunehmend zur sozialen Frage. Explodierende Baukosten machen den Wohnungsbau zunehmend unattraktiv. Die Konsequenz: fehlender bezahlbarer Wohnraum. Dass Wohnen immer teurer wird, liegt auch an den hohen Standards für Energieeffizienz und Klimaschutz. „Gerade das Heizungsgesetz kommt in so einer Phase zur Unzeit. Die Menschen sind verunsichert und werden finanziell noch weiter belastet“, findet Warken.
Insgesamt stehen die dringend benötigten sozialen Dienstleistungen vor einem Finanzierungsproblem. Es bedarf solider Finanzierungskonzepte, die ihre Basis auf den Ergebnissen unserer leistungsstarken Wirtschaft haben. Für Nina Warken ist dabei auch klar: „Der Sozialstaat muss effizienter und treffsicherer werden. Leistungen dürfen nicht nach dem Gießkannen-Prinzip verteilt werden, sondern dort ankommen, wo sie gebraucht werden.“ Dafür weiß die Bundestagsabgeordnete auch ein konkretes Beispiel zu nennen: Die Kindergrundsicherung, die vor allem zusätzliche bürokratische Strukturen schafft und ungeeignet ist, Kindern eine chancenreiche Zukunft zu ermöglichen.
Die anwesenden Liga-Vertreter plädieren dafür, Familien, die zwar keine staatlichen Leistungen erhalten, aber sich aufgrund ihres geringen Gehalts das Mittagessen in der Schule nicht leisten können, zu unterstützen. Ein Vorschlag wäre hier, die Kommunen vor Ort finanziell so auszustatten, dass sie dort unterstützen können, wo schnelle Hilfe benötigt wird. Allerdings berichten die Anwesenden auch, dass sie eine mangelnde Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung aufgrund stetig wachsender Aufgaben feststellen. Um dieser überbordenden Bürokratie zu begegnen, müssten Prozesse verschlankt und optimiert werden.
Zuletzt kam die Runde noch auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sprechen. Zunehmend extremistische Haltungen bedrohen die Demokratie, weshalb das Zusammenrücken aller demokratischen Parteien durch konstruktive Zusammenarbeit vonnöten ist, um die drängenden Probleme im Land in den Griff zu bekommen. Dafür braucht es wieder mehr Bereitschaft zum Diskurs und eine offene Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern.